Offener Brief:
Für Aufenthaltsqualität durch Baumschutz am Königsufer
Aktuelle stadtklimatische Situation
Im Regionalen Klimainformationssystem für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (Rekis-Kommunal) wird für den Zeitraum bis 2050 prognostiziert, dass Hitzesommer wie 2018 und 2019 vermehrt eintreten, ja geradezu der Normalfall werden.
Eine der deshalb wissenschaftlich empfohlenen „wichtigen Maßnahmen“ ist die „Anpassung der Bauleitplanung und des Gebäudebestandes an Hitze“. Im kürzlich vorgelegten Umweltbericht 2019/2020 der Landeshauptstadt Dresden (dresden.de/umweltbericht) heißt es denn auch unter
"2.2.2 Klimatisch anpassungsfähige Strukturen“:
„Grüne Erlebnisräume, ausgestattet mit vitalem Großgrün und mit kühlender Wirkung im Sommer, sind im Hinblick auf den Gesundheitsschutz der Bevölkerung und einer klimaangepassten Stadtstruktur vorrangig zu erhalten.“ Es ist die Rede von „grüner
Infrastruktur“, die „erhalten und ausgebaut werden“ müsse. Beklagt wird die im Berichtszeitraum weiter gestiegene Anzahl abgestorbener Bäume und der Mangel an innerstädtischen Flächen, auf denen Bäume überhaupt – mit oft erheblichem Aufwand – gepflanzt und am Leben erhalten werden können.
Zunehmende bauliche Verdichtung in der Inneren Neustadt
Schon als der städtebauliche und freiraumplanerische Ideenwettbewerb Königsufer/Neustädter Markt 2018 ausgelobt wurde, war die Dresdner Innere Neustadt in der Synthetischen Klimafunktionskarte überwiegend als Bereich höherer Überwärmung dargestellt. Mittlerweile ist die Überbauung letzter größerer Baulücken an Hainstraße und Theresienstraße im Gange.
Die nächsten „Baufelder“, um die es gehen wird, befinden sich
am Königsufer. Dem Stadtratsbeschluss vom 16. Juli 2020 entsprechend, ist Bebauung sowohl zwischen Blockhaus und Hotel „Bellevue“ vorgesehen, als auch vom nördlichen Brückenkopf der Augustusbrücke bis zur Wiesentorstraße.
Baumbestand am Königsufer
In diesen Bereichen stehen nicht allein die in den Unterlagen zum Ideenwettbewerb als „Besonders wertvolle Gehölze“ hervorgehobenen zwei Platanen, die als Naturdenkmale gelten können und im erstplatzierten Wettbewerbsentwurf ansatzweise berücksichtigt sind.
Vielmehr wachsen dort, wo Bebauung und damit einhergehende Flächenversiegelung für die Erschließung der Gebäude vorgesehen ist, zahlreiche vitale Bäume unterschiedlichenAlters und unterschiedlicher Arten.
Die Gehölzschutzsatzung – heute so aktuell wie nie zuvor
Die vom Stadtrat beschlossene „Satzung der Landeshauptstadt Dresden zum Schutz von Bäumen und anderen wertvollen Gehölzen (Gehölzschutzsatzung)“ dient, wie es darin einleitend heißt, „dem öffentlichen Anliegen, Bäume und andere wertvolle Gehölze als Teile
von Natur und Landschaft in besonderem Maße zu schützen und zu pflegen.“
Beim Schutz der Gehölze „sowie deren Standorte“ geht es um
• Sicherung und Förderung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes,
• Gestaltung, Gliederung und Pflege des Stadt- und Landschaftsbildes,
• Gewährleistung und Schaffung der innerörtlichen Durchgrünung,
• Minderung schädlicher Umwelteinwirkungen,
• Erhaltung oder Verbesserung der städtischen Umweltbedingungen, insbesondere des innerstädtischen Klimas,
• Bewahrung des kulturellen Erbes“ (§ 1).
Die Gehölzschutzsatzung ist demnach ein Rechtsinstrument, das exakt auf aktuelle Herausforderungen in der Stadtentwicklung zielt.
Wir fordern die strikte Anwendung der Gehölzschutzsatzung im Rahmen
der Planungen und Baumaßnahmen am Königsufer
Wir fordern verbindliche Vorgaben der Bauleitplanung zum Erhalt von Großgrün, über Ersatzpflanzungen und zu alternativen Begrünungsmöglichkeiten. Eventuelle Bauvorhaben sind zudem nach § 34 BauGB zu prüfen.
Im Einzelnen:
• Wir fordern, dass – schon im Vorfeld der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit am Bebauungsplanverfahren – eine exakte Liste und Kartierung der nach Satzung geschützten Gehölze im Bereich des Wettbewerbsgebietes am Königsufer publik gemacht wird.
• Wir fordern, dass mit den Bebauungsplan-Entwürfen jeweils bilanziert und veröffentlicht wird, welche und wie viele Gehölze eingeplant sind und wie viele Gehölze gefällt werden müssten, um die vorgeschlagene Bebauung zu realisieren.
Diese Bilanz soll in die öffentliche Diskussion der Bebauungsplan-Entwürfe
einfließen.
• Sofern Ausnahmen von der Gehölzschutzsatzung erteilt werden sollen, damit gebaut werden kann, fordern wir, dass Ersatzpflanzungen entweder auf demselben Grundstück oder im Bereich Innere Neustadt erfolgen und dass die vorgesehenen Ersatzstandorte bei Auslegung der Bebauungsplan-Entwürfe benannt, kartografisch dargestellt und publik gemacht werden.
• Sofern Baum- und Großstrauchpflanzungen nicht möglich sind, ermuntern wir ausdrücklich zu alternativer Begrünung von Gebäuden: Fassadengrün, Grün an Pergolen, Rankgerüsten, auf Dächern und unterkellerten Höfen. Damit sollen in erster Linie die unteren Geschosszonen, die Süd- und Westseiten der Gebäude ausgestattet
werden, um ein günstigeres Mikroklima für Fußgänger und Radfahrer zu erreichen.
Auch diese Maßnahmen müssen rechtsverbindlich geplant und vereinbart werden.
• Wir erwarten, dass die verantwortlichen Dienststellen der Stadtverwaltung, insbesondere das Stadtplanungsamt, das Bauaufsichtsamt, und das Umweltamt, während der Planungen, bei bauvorbereitenden Maßnahmen im Gelände und während aller Arten von Baumaßnahmen am Königsufer die Einhaltung sämtlicher Schutzvorschriften strikt durchsetzen und werden das beobachten.
Dresden, den 29. April 2022